Kohleausstieg 2030, Lützerath und Energiekrise

Foto: Leopold Achilles

Kohleausstieg 2030? „Der war doch schon klar!“

Diese Einschätzung habe ich gestern häufiger gehört. Fakt ist aber: Bislang war in der Sache gar nichts klar. Die Gesetzeslage hinkt der klimapolitischen Debatte erschreckend hinterher. Nachdem unser gemeinsamer Kampf für einen Kohleausstieg 2030 durch den Ampel-Koalitionsvertrag ordentlich an Momentum verloren hatte, drohte er nun im Zuge der Energiekrise komplett zum Erliegen zu kommen. Mit der gestern veröffentlichten Verhandlungsergebnis ist klar: der Kohleausstieg 2030 für das NRW-Revier ist mitten in einer Energiekrise durchgesetzt. Das war ein Kraftakt und ist ein wichtiger politischer Erfolg in diesen Zeiten. 280 Millionen Tonnen Braunkohle werden somit ganz real in der Erde bleiben. Ich freue mich ungemein für die Bewohner*innen der fünf Dörfer, die nun endlich Sicherheit haben und von denen nun niemand mehr gegen den eigenen Willen umgesiedelt wird. Auch die Bewohner*innen der drei Holzweiler Höfe, die bislang komplett in der Luft hingen, dürfen bleiben. Mit der Überführung des Hambacher Waldes in öffentlichen Besitz ist eine Voraussetzung für einen langfristigen Erhalt geschaffen. All das sind großartige Neuigkeiten, die angesichts der Energiekrise nicht selbstverständlich sind!

Es ist wichtig und richtig, dass Mona Neubaur drei unabhängige Gutachten eingeholt hat. Somit war sie in der Verhandlungssituation nicht einem Informationsmonopol RWEs ausgeliefert. Mit den Rahmenbedingungen vom Bund sowie Anforderungen an die Tagebauführung aus NRW haben drei Gutachten unabhängig überprüft, ob sich in diesem Rahmen ein Erhalt Lützeraths realisieren lässt. Alle Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass der Erhalt Lützeraths nicht möglich ist.

Diese Erkenntnis empfinde ich als sehr schmerzhaft. Schmerzhaft, weil wir nicht an diesem Punkt ständen, wenn in den letzten Jahrzehnten der Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht torpediert worden wäre. Schmerzhaft, weil die Kohle unter Lützerath nun aufgrund der Maßnahmen gegen die Energiekrise benötigt wird. Schmerzhaft, weil dieser Kohleausstieg 2030, der Erhalt der Dörfer des dritten Umsiedlungsabschnitts sowie der drei Holzweiler Höfe und die Überführung des Hambacher Waldes in öffentlichen Besitz Erfolge sind, die nun vielleicht zwei Grüne Minister*innen über die Ziellinie gebracht haben, die aber ohne die Klimagerechtigkeitsbewegung in ihrer ganzen Vielfalt unerreichbar gewesen wären. Dass nun Menschen, die das möglich gemacht haben, in den nächsten Wochen einer Räumung entgegenblicken, finde ich nur schwer zu ertragen. Vollkommen klar muss sein: Eine Situation wie 2018 darf sich nicht wiederholen. Gemeinsam mit vielen Kolleg*innen werde ich die Räumung als parlamentarischer Beobachter begleiten, um dafür in unserem Einflussbereich Sorge zu tragen.

Die Energiekrise entbindet uns nicht davon, wirksamen Klimaschutz im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens zu betreiben. Deswegen muss es in den nächsten Monaten darum gehen, Ansatzpunkte zu identifizieren, bei denen wir nachsteuern und die zusätzlichen Emissionen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit kompensieren. Klar ist: ohne einen massiven und massiv beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien werden wir beim Klimaschutz nicht mehr in die Vorhand kommen. Die Arbeit ist nicht vollbracht, sie fängt gerade erst an.

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